In Deutschland leisten migrantische Selbstorganisationen seit Jahrzehnten wichtige Beiträge zu gesellschaftlicher Teilhabe, politischer Mitgestaltung und Empowerment. Gleichzeitig ist ihre Förderung in der Stiftungs- und Förderlandschaft oft punktuell, kurzfristig und von Defizitlogiken geprägt. Vor diesem Hintergrund wurde LEVEL up! geschaffen – als Ko-Kreation der Robert Bosch Stiftung (RBS), der neuen deutschen organisationen (ndo) und der Türkischen Gemeinde in Deutschland (TGD)–, um gezielt Kapazitäten, Professionalität und Reichweite migrantischer/BPoC-Organisationen zu fördern, die bereits etabliert sind oder ganz neu entstehen.
Das Programm LEVEL up! wurde von der Robert Bosch Stiftung, den neuen deutschen organisationen und der Türkischen Gemeinde in Deutschland gemeinsam entwickelt. Für die Evaluation arbeiteten wir eng mit diesen Partner:innen und den geförderten migrantischen Initiativen zusammen.
Unsere Evaluation konzentrierte sich auf die erste und zweite Förderrunde von LEVEL up!. Ziel war es, nicht nur Wirkungen zu messen, sondern Erfahrungen sichtbar zu machen, strukturelle Fragen mitzudenken und Hinweise für die Weiterentwicklung des Programms zu geben:
➔ Wie wirkt LEVEL up! auf individueller, organisatorischer und systemischer Ebene?
➔ Welche Bedingungen stärken oder begrenzen die Wirkung?
➔ Was lässt sich aus LEVEL up! für eine mögliche dritte Förderrunde und für die Förderpraxis insgesamt lernen?
Wir haben einen rassismuskritischen, machtsensiblen und community-zentrierten Ansatz gewählt, der die Evaluation selbst als Teil der zivilgesellschaftlichen Praxis versteht. Unter dem Titel „Zwischen Struktur, Haltung und Qualia“ haben wir ein Modell entwickelt, das sowohl die organisatorische Entwicklung (z. B. Professionalisierung, Vernetzung, Ressourcenaufbau) als auch die subjektiven Erfahrungen (z. B. Resonanz, Anerkennung, Empowerment) erfasst.
Unsere Herangehensweise:
➔ 13 qualitative Interviews mit Geförderten, Partner:innen und Stiftung.
➔ Teilnahme und Beobachtung bei Netzwerktreffen, inkl. Gespräche mit Workshop-Gebenden.
➔ Analyse von 328 Projekteinreichungen, kodiert in neun thematische Cluster (z. B. Bildung & Empowerment, Community & Vernetzung, Rassismuskritik & Awareness).
➔ Feedback-Workshops, um Zwischenergebnisse gemeinsam zu reflektieren und die Evaluation als Lernprozess zu gestalten.
So konnten wir sichtbar machen, wie Struktur, Haltung und Qualia zusammenspielen und das Gesamtbild von LEVEL up! prägen.
Die Evaluation hat gezeigt, dass LEVEL up! eine neue Förderkultur verkörpert:
➔ Evaluationsbericht – Der Bericht fasst Wirkungen, Herausforderungen und Empfehlungen zusammen. *Link zum Bericht*
➔ Strukturen & Qualia – Neben organisatorischer Weiterentwicklung erlebten viele Initiativen eine Stärkung immaterieller Dimensionen: Resonanz, Anerkennung, Selbstvertrauen.
➔ Bedeutung von Haltung – Förderung wirkt anders, wenn sie als Partnerschaft verstanden wird. Wo Ko-Kreation, Dialog und Vertrauen gelebt wurden, entstanden Räume für Selbstermächtigung und kollektives Lernen.
➔ Möglichkeitsräume – LEVEL up! zeigt, dass Wirkung nicht linear über Skalierung oder Output entsteht, sondern durch das Zusammenspiel von Strukturen, Haltungen und Erfahrungen. Damit setzt das Programm einen Kontrapunkt zu paternalistischen Förderlogiken und bietet eine Blaupause für zukünftige Programme.
Die Evaluation von LEVEL up! hat mehrere zentrale Einsichten hervorgebracht:
➔ Haltung als Schlüssel – Wirkung entsteht nicht nur durch Mittel, sondern durch die Haltung der Fördernden. Dort, wo Vertrauen, Dialog und Partnerschaft gelebt werden, entwickeln Organisationen neue Stärke.
➔ Wirkung ist vielschichtig – Klassische Kennzahlen greifen zu kurz. Entscheidend sind die Verknüpfungen von Strukturen, Haltungen und subjektiven Erfahrungen, die Wirkung auf individueller, organisatorischer und systemischer Ebene ermöglichen.
➔ Ko-Kreation funktioniert – LEVEL up! zeigt, dass Förderprogramme selbst als Möglichkeitsräume wirken können, wenn sie nicht von oben herab gesteuert, sondern gemeinsam gestaltet werden.
➔ Grenzen sichtbar machen – Neben Erfolgen wurden auch strukturelle Hürden und Ambivalenzen deutlich (z.B. Prekarität, Ressourcenungleichheit). Diese Offenheit ist wichtig, um realistische Weiterentwicklungen anzustoßen.
Das von uns entwickelte Modell macht Wirkung greifbar, indem es Strukturen, quantitative Daten und die subjektive Wahrnehmung der Beteiligten – ihre Qualia – zusammendenkt. Damit wird sichtbar, dass Wirkung nicht nur in Zahlen, sondern auch in Erfahrungen und Haltungen entsteht.
Wir hoffen, dass dieser Ansatz in einer weiteren Förderrunde von LEVEL up! aufgegriffen wird – und zugleich Impulse in die Stiftungs- und Förderlandschaft hineinträgt, um Förderlogiken nachhaltiger, gerechter und wirksamer zu gestalten.